Die Methode zum Mitmachen: agile Transformation im Konstruktionsalltag
CeraCon mit Stammsitz in Weikersheim, 40 km südlich von Würzburg, ist Spezialist für Dichtungstechnik. Das Portfolio umfasst neben Lohnfertigung primär Schaumdosieranlagen (Sealing Systems) und automatisierte Industrieöfen (Thermal Systems), die zum Aushärten des Dichtschaums benötigt werden. Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist konstruktionsintensiv ausgelegt – der ununterbrochene, einfache Zugriff auf alle CAD-Daten ist daher ebenso wichtig wie die Qualität der Daten selbst.
Zwei kritische Punkte, derer sich CeraCon und Implementierungspartner Cideon im Zuge des PDM-Wechsels von PSP zu Autodesk Vault gewissenhaft annahmen. Das betraf zunächst die Datenaufbereitung im Vorfeld der Migration, die CeraCon-Konstrukteur Steffen Oberstein verantwortete: „Wir hatten 125.000 Dokumente von PSP zu Vault zu migrieren und ließen sie alle durch den Document Analyzer laufen. Immer am Wochenende, um das Tagesgeschäft nicht zu blockieren.“
Punkt 6.15 Uhr jeden Montag zeigte die Software dann den Korrekturbedarf – wie z. B. fehlende Referenzen – an, der in knapp 20 Jahren Datenproduktion naturgemäß anfällt. Die Fleißarbeit der CeraCon-Konstrukteure bei der Datenbereinigung zahlte sich aus, denn am Ende stand da die Zahl drei – das rekordverdächtige Minimum von nur drei Fehlern wurde nach dem Übergang zu Autodesk Vault registriert. „Mitbekommen haben das die Kollegen nicht wirklich“, schmunzelt Key-User Oberstein sechs Monate nach dem Go-live des neuen PDM-Systems im April 2019.
Reinen Tisch gemacht
Ähnlich stringent agierte CeraCon bei der Frage, welche Methodik im eigentlichen Ablösungsprozess angewendet wird. Ursprünglich hatte CeraCon eine Vault-Einführung per Wasserfallmodell mit 9 Monaten Projektlaufzeit präferiert. Als sich der „Klassiker“ im Projektmanagement dann aber als zu starr erwies und die Projektbeteiligten die ersten Frustrationssymptome zeigten, machte Implementierungsund Entwicklungspartner Cideon den entscheidenden Vorschlag: Umstieg auf agiles Vorgehen mit zyklischer Projektentwicklung und ihrer flexiblen Abfolge von Planungs- und Entwicklungsphasen.
„Das agile Vorgehen drehte die Stimmung im Projektteam um 180 Grad“, konstatiert Jochen Schumm, IT-Leiter bei CeraCon, „das war ein konstruktives Fordern und Fördern und begann zunächst mit einer neuen Priorisierung.Wir stellten uns die Frage: Was brauchen wir wirklich? Tatsächlich haben wir im Endeffekt nichts von dem, was wir anfänglich wollten, gestrichen, nur neu bewertet.“ Das „Wir“ inkludiert wie selbstverständlich Prozessberater Cideon, der CeraCon bei der Ablösung des Altsystems und der Einführung von Vault gestaltend, beratend und programmierend zur Seite stand.
Thomas Frenz, Cideon Vertrieb, erinnert sich an die Aufbruchstimmung, die die direkte, schnelle und für alle transparente Kommunikation bei der agilen Projektierung mit sich brachte: „Der Austausch im Projektteam wurde schon durch die Einführung eines Trello-Boards mit den Aspekten ‚Offene Punkte‘, ‚Freitagscalls‘, ‚Wo stehen wir?‘, ‚Was kommt als Nächstes?‘ sehr schnell und hoch effektiv.“
Verständnis bedingt Transparenz
IT-Leiter Jochen Schumm sieht das ähnlich: „Natürlich war der Kommunikationsaufwand groß, aber diese Vorgehensweise ist unbedingt empfehlenswert, wenn man eine qualitativ sehr gute Lösung will. Durch die Transparenz wächst das gegenseitige Verständnis, und persönliche Kompetenzen und Arbeitsweisen werden effektiv verknüpft.“
Einen zusätzlichen Schub erfuhr die agil gestaltete Umstellung auf Vault durch das klare Commitment von oben: „Die Geschäftsführung stand immer hinter dem Team.“ Frei nach dem Motto „Die Konstrukteure müsse schaffe könne“ wurde eindeutig kommuniziert, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe, da man einerseits den laufenden Betrieb in der PDM-Umstellungsphase gewährleisten, andererseits das zukünftige Konstruktionsgeschäft auf optimierter Datenbasis im PDM noch effektiver laufen lassen wollte.
Diese in puncto Qualität kompromisslose Haltung leitet sich von der Strategie „CeraCon 2020“ ab, der zufolge die komplette Softwarelandschaft im Hause auf Optimierungspotenzial hin durchleuchtet wird. Schließlich habe die IT, so Schumm, ebenso Einfluss auf die Qualität von Produkten und Services im CeraCon Portfolio wie auf die Effizienz interner Prozesse, die sich unter anderem in Projektlaufzeiten und dem Ressourceneinsatz bei der Auftragsbearbeitung bemessen lassen.
Agil, V-Modell oder Wasserfall?
Die agile Methodik der Vault-Einführung hat derart überzeugt, dass CeraCon sie inzwischen bei eigenen Projekten einsetzt. Für Cideon Consultant Alexander Bühler nachvollziehbar, er schätzt den agilen Ansatz als prinzipiell praxisnäher ein als die Klassiker V-Modell oder Wasserfall: „Entscheidend ist, dass die gewählte Vorgehensweise beide Seiten zum Projekterfolg führt – Auftraggeber und Auftragnehmer.
Speziell bei größeren Projekten ist zu beachten, dass sie nie Standard sind und eine gewisse Flexibilität erfordern.“ Denn von Analyse und Dokumentation des Bedarfs bis Auswahl, Implementierung und Inbetriebnahme einer neuen Software vergehen teils mehrere Monate bis Jahre, in denen sich Bedürfnisse, Zielsetzungen und Applikationsbedingungen von punktuell bis signifikant ändern können.
Positiver Nebeneffekt inmitten der vielen Sprints und Tasks, der Iterationen und Inkremente: Die agile Methodik nimmt alle Projektbeteiligten von Beginn an mit. Zwangsläufig, weil der kurzfristige, intensive Austausch zwischen Kunde und Implementierungspartner fixer Bestandteil des agilen Projektmanagements ist. So konnte CeraCon etliche Prozesse und Automatismen in Vault schon in einer frühen Phase kennenlernen und internalisieren.
„Tatsächlich“, bestätigt Steffen Oberstein, „haben wir schon den Umstellungsprozess als intensive Schulung in Vault erfahren.“ Die Experten von Cideon führen zusätzlich zu den Basisschulungen im Zuge der Inbetriebnahme fortlaufende Trainings für die Konstrukteure durch („Training on the Job“). Heute agiert CeraCon nahezu autark.
Die Kombination aus enger Zusammenarbeit bei der agilen Einführung und den Cideon Schulungen nahe an der Praxis hat sich bezahlt gemacht: „Wenn man kurz nach Einführung fast keinen einzigen Support-Anruf mehr verzeichnet, ist das schon ein sehr, sehr gutes Zeichen“, kommentiert Thomas Frenz. Das ist nicht zuletzt dem System selbst geschuldet, das KeyUser Steffen Oberstein technisch stark beeindruckt: „Der Steuerungsaufwand ist gering, die Prozesse laufen.“
Native Anbindung ans CAD
Dass die Wahl von CeraCon trotz verfügbarer PDM-Alternativen recht zügig auf Autodesk Vault fiel, hat einen einfachen Grund: Das Unternehmen setzt bereits seit Jahren Autodesk Lösungen im CAD-Bereich ein. „Wir wollten konstruktionsnah bleiben“, so Schumm, „da wir hauptsächlich in Inventor und AutoCAD arbeiten, ist die tiefe Integration von CAD und PDM ein Faktor. Die native Anbindung an unsere Konstruktion funktioniert mit Vault am besten.“
Cideon als Autodesk Platinum Partner hatte seinerzeit nicht nur 30 CeraCon-Arbeitsplätze mit der Product Design & Manufacturing Collection von Autodesk ausgestattet, sondern auch das jetzt abgelöste PDM-System eingeführt. „Damals – 2006 – war die Akzeptanz des neuen PDM Productstream Professional zu Anfang bei null. Bis dann das erste Projekt damit gemacht wurde – danach wollte keiner mehr ohne arbeiten“, verweist Jochen Schumm auf bekannte Vorbehalte bei der Einführung neuer IT-Lösungen. Ganz gleich, ob 2006 oder 2019: Die Unsicherheit weicht im Regelfall erst dann, wenn die Beteiligten im Produktivbetrieb damit selbst gut zurechtkommen.
Deswegen setzte Cideon bei der Einführung von Vault in den Jahren 2018/19 bei CeraCon voll auf Partizipation unter Echtbedingungen. Die dreitägige Cideon Basisschulung der CeraCon-Konstrukteure zum neuen PDM wurde gleich im Live-System durchgeführt und mit der Schulung zum Inventor-Update verknüpft.
„Das schätzen wir an Cideon“, so Schumm, „uns geht es um breite Erfahrungswerte sowohl im Bereich PDM als auch CAD, um die Affinität zur Problemlösung und den direkten, schnellen Kontakt. Das passt.“ Der IT-Leiter weist darüber hinaus auf einen sensitiven Punkt der Zusammenarbeit zwischen CeraCon und Cideon hin, der zwar in keiner ROI-Berechnung oder in gängigen Lasten- und Pflichtenheften auftaucht, für den Erfolg größerer ITProjekte aber maßgeblich ist: „Das Vertrauensverhältnis ist einfach da.“
Vault bei CeraCon
Mit seiner PDM-Lösung Vault unterstützt Autodesk Konstrukteure und Ingenieure bei der Verwaltung von Konstruktionsdaten und Dokumentationen. Speziell bei der Nachverfolgung von Änderungen in Entwicklungsumgebungen sorgt das digitale Datenmanagement mit seiner lückenlosen Nachvollziehbarkeit beliebiger Konstruktions- und Fertigungsstände für Transparenz und so für die reibungslose Freigabe von Konstruktionen.
Das gilt bei CeraCon umso mehr, als schon die Ausgangslage – 125.000 perfekt aufbereitete Zeichnungsdokumente – exzellent war. Das betrifft ebenfalls ein perspektivisches Roll-out im Werk Tschechien. „Durch die Mehrsprachigkeit, die erst seit Vault integriert ist, konnten wir bereits bei der Migration alle Daten übersetzen lassen“, so Jochen Schumm.
„Uneingeschränkt begeistert“ sind die Konstrukteure bei CeraCon laut Key-User Steffen Oberstein vom schnellen Finden und Wiederverwenden von Daten: „Funktionen wie das Suchen und Kopieren von Konstruktionen gehen in Vault rasend schnell.“ Was aus Effizienzerwägungen dringend geboten ist, weil speziell die Datensuche eine zwar notwendige, aber nicht wertschöpfende Tätigkeit darstellt. Jochen Schumm zieht den Vergleich: „Früher wendeten wir in der Abteilung vielleicht 50 Stunden wöchentlich oder 10 bis 15 Prozent der gesamten Arbeitszeit für die Suche nach Konstruktionen auf, heute nur einen Bruchteil davon.“
Saubere Daten – fließende Übergänge
Echten Fortschritt durch geringeres Fehleraufkommen und schnellere Prozesse registriert CeraCon nach einem halben Jahr Vault-Einsatzzeit bei der simultanen Konstruktion. „Wir betreiben ausschließlich simultanes Engineering“, so Oberstein, „wir haben enge Konstruktionszeiten von 4 bis 6 Wochen, da sitzen zwischen zwei und acht Konstrukteure an einem Projekt.“ Zeitgleiches Arbeiten im Team an ein- und derselben Konstruktion ist schon prozessual anspruchsvoll. „Wirklich wichtig aber ist, dass die Datenbasis im neuen PDM stimmt, und das tut sie“, so Steffen Oberstein.
Neuen Handlungsspielraum bei CeraCon eröffnet das Revisionsmanagement, bei dem Vault die CAD-Revisionshistorie automatisch direkt aus der Zeichnung erfasst. Jochen Schumm dazu: „Das ist sehr gut, wurde vorher bei uns aber fast gar nicht genutzt, obwohl wir ein Unternehmen mit großen Revisionshistorien sind.
Inzwischen kommt uns diese Funktion genau dann zugute, wenn sich mal eine Baugruppe oder ein Bauteil als fehlerhaft herausgestellt hat und wir nachvollziehen möchten, was genau rausgegangen ist.“ Apropos Datenaustausch: Über das Cideon Prozess-Add-On „Exportfunktion“ erfolgt bei CeraCon das konsistente Bereitstellen von Dokumenten für Lieferanten. Die Output Management-Funktion für ganze Maschinen, ganze Strukturen, Teile etc. macht es einfach: Bei Bestellungen erfolgt der zugehörige Zeichnungsversand per Knopfdruck einfach und vollständig.
Cideon Werkzeuge – Cideon Expertise
Das Add-On „Exportfunktion“ ist nur eines von mehreren Cideon Werkzeugen, die CeraCon einsetzt, um seinen Anforderungen bei Anlage, Versionierung und Freigabe von CAD-spezifischen Dokumenten zu entsprechen. Ein Beispiel ist der Cideon Benennungskatalog: Dieser ermöglicht konsistente Mehrsprachigkeit und kontrolliert Namensvielfalt sowie Schreibweisen. Oder der voll etablierte Cideon Jobserver, der Routineaufgaben ebenfalls automatisiert.
Thomas Frenz erläutert das Funktionsprinzip: „Der Jobserver führt Routineaufgaben aus, damit beispielsweise Neutralformate exportiert oder Plots ausgeführt werden können, nicht der Konstrukteur, der das von Hand tun müsste. Die Anpassung an die Kundenbedürfnisse programmieren wir selbst, z. B. die Oberflächenbefehle, damit genau das ausgegeben wird, was der Kunde wünscht.“ „Das funktioniert schnell und zuverlässig“, urteilt Jochen Schumm, der die nächsten Herausforderungen zuversichtlich angeht: „2020 wollen wir mit Cideon die Kopplung des PDM an unser ERP realisieren.“
Das ist nur konsequent, da Autodesk Vault auch den Input für die ERP-Systeme liefert und eine Weiterverwendung der Daten in Fertigungsplanungs-, Fertigungs-, Einkaufs- und Serviceprozessen weiteres Rationalisierungspotenzial erschließt. Darüber hinaus stehen die Einführung von Eplan Electric P8 (Jochen Schumm: „Als OEM Tier I und II setzen wir auf Eplan.“) und die Anbindung der Elektro-CAE-Lösung ans Vault an. Fest steht schon heute: Dafür wird CeraCon die Eplan to Vault-Schnittstelle von Cideon nutzen. Die Schnittstelle kommt sozusagen direkt von der Quelle, weil Eplan und Cideon als Schwesterunternehmen im Verbund der Friedhelm Loh Group traditionell eng kooperieren.
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