esmo vereinfacht Produktentstehung
Wer einer Prüfanlage der esmo AG bei der Arbeit zuschaut, muss sich schon sehr anstrengen, um die Bewegungsabläufe nachzuvollziehen. Denn die Indexzeit liegt je nach Anwendungsbedarf beispielsweise bei 0,6 Sekunden. In dieser kurzen Zeit werden die zu prüfenden Bauteile kontaktiert und auf ihre elektrischen, optischen, thermischen oder andere prüfbare Eigenschaften getestet. Dabei projektiert das Rosenheimer Unternehmen sowohl die Fertigung der eigentlichen Prüfanlagen als auch ihre Integration in bestehende Systeme/Anlagen.
Breites Kompetenzspektrum in der Automatisierungstechnik
esmo verfügt zudem über ein breites Kompetenzspektrum, das von der Bildverarbeitung (für die optische 3D-Prüfung) über das komplette Testing und Handling bis zur Teilezuführung und zur Integration in komplette Fertigungslinien reicht. Für die letztgenannten Aufgaben hat das Unternehmen 2011 einen eigenen Geschäftsbereich esmo automation (Automatisierungstechnik) gegründet mit dem klaren Ziel, auch neue Anwendungsbereiche zu erschließen.
Dieses Ziel wurde erreicht. Es hat zur Folge, dass esmo unabhängiger vom volatilen und zyklischen Geschäft mit der Halbleiterindustrie ist. Zugleich aber wird das Spektrum der immer individuell projektierten und gefertigten Automationsanlagen nochmals breiter. Das hat auch die Konsequenz, dass Konstruktion, Beschaffung und Produktion im Schaltschrankbau komplexer werden.
Ziel: mechanische und elektrische Konstruktion zusammenführen
Vor diesem Hintergrund entstand der Wunsch, die Prozesse in der Konstruktion zu vereinfachen. Florian Peter, Administrator in der Elektrokonstruktion: „Wir arbeiten mit Funktionsbaugruppen, dies sind Unterbaugruppen der gesamten Anlage. Die Funktionsbaugruppen beinhalten die jeweiligen Komponenten wie Sensoren und Elektromotoren, die sowohl in der mechanischen als auch in der elektrischen Konstruktion repräsentiert sind.“
Der Abgleich zwischen beiden Gewerken bzw. zwischen Solidworks und EPLAN war aber ursprünglich nur manuell möglich: „Die einzelnen Baugruppen unserer Anlagen können bis zu 500 mechatronische Komponenten enthalten. Der Stücklistenabgleich per Excel-Listen nahm deshalb häufig mehrere Tage in Anspruch. Wenn der Anwender eine 'Last-minute Änderung' wünschte, mussten die Listen per Hand aktualisiert und abgeglichen werden. Bei allen genannten Arbeitsschritten können Fehler auftreten und Inkonsistenzen übersehen werden.“
PDM schafft die Verbindung
Das Ziel war somit klar definiert: Die beiden Gewerke sollten automatisiert miteinander verbunden und für die Abbildung der kaufmännischen Funktionen (Einkauf, Produktionsplanung …) an das ERP-System angebunden werden. Die Voraussetzungen waren durch die Einführung des PDM-Systems PRO.FILE von PROCAD bereits geschaffen. Peter Herr: „Damit haben wir eine Plattform, die die Daten aus den beiden Gewerken zusammenführt.“ Aber die erforderlichen Informationen aus MCAD und ECAD waren dadurch noch nicht miteinander verknüpft. Diese Verknüpfung wurde erst mit der Einführung des EPLAN PRO.FILE Connectors hergestellt.
Ergebnis: konsistente Datenhaltung
Diese Schnittstelle ergänzt die Produktmodelle im PDM-System um ECAD-spezifische Daten wie Verbindungslisten, Schaltpläne und Stücklisten. Damit wird tatsächlich eine konsistente Datenhaltung möglich und wenn beispielsweise in der mechanischen Konstruktion ein Sensor oder ein Elektromotor ausgetauscht wird, wird diese Änderung in einem in PRO.FILE erstellten Webbericht ersichtlich. Das klingt ganz simpel und ist es in der Praxis auch, und eben das war das Ziel. Die Realisierung aber ist in der Praxis nicht immer einfach, denn es handelt sich hier um eine sehr umfassende Schnittstelle.
Bei esmo waren die Voraussetzungen bestens, wie ein gemeinsamer Workshop mit EPLAN und CIDEON zeigte: Der Kunde hatte bereits im Vorfeld in MCAD und ECAD vergleichbare Strukturen geschaffen. Peter Herr: „Das Konzept und die Strategie der Umsetzung haben wir in Eigenregie erarbeitet. Wir konnten die Standardversion des EPLAN PRO.FILE Connectors verwenden, wobei die Workshops und die Implementierung der Schnittstelle professionell durch ein Team von CIDEON, EPLAN und PROCAD umgesetzt wurden.“
Inkonsistenzen werden angezeigt
Wie sieht das Zusammenspiel der Konstruktionsgewerke in der Praxis aus? esmo konstruiert in recht großen Funktionsbaugruppen. Die elektrische Stückliste jeder Baugruppe wird von EPLAN über den Connector an PRO.FILE übergeben. Das PDM-System übernimmt den automatischen Abgleich mit Solidworks und stellt eine Liste der gefundenen Inkonsistenzen bereit. Florian Peter: „Diese Differenzen prüfen wir manuell und beheben die Fehler. Das ist eine überschaubare Aufgabe.“
Ergebnis: die mechatronische Stückliste
Die Vorteile gehen aber noch über den automatischen Abgleich und die konsistente Haltung der Konstruktionsdaten in einer einzigen mechatronischen Stückliste hinaus. Peter Herr: „Sowohl die in EPLAN als auch die in SOLIDWORKS generierten Daten werden nicht nur in PRO.FILE zusammengeführt. Sie sind über PRO.FILE auch in unserem ERP-System vorhanden und können dort einfach aufgerufen werden. Diese Funktion ist z. B. für den Vertrieb wichtig.“ Damit haben die esmo Konstrukteure ihr Ziel erreicht. Manche Vorteile der mechatronischen Stückliste werden erst jetzt, im Betrieb, offenkundig. Zum Beispiel lassen sich Baugruppen von vorhandenen Maschinen, die der Kunde als Reparaturteil bestellt hat, viel einfacher nachbauen, weil es nur noch einen CAD-Datensatz gibt und nicht zwei.
Fazit: Es lohnt sich, neue Wege zu gehen
Mit der mechatronischen Stückliste hat esmo Neuland betreten: Ein solches Werkzeug gibt es in dieser Ausprägung in der CAD-Landschaft in kaum einem anderen Unternehmen. Die Vorteile sind wie dargestellt groß, der Aufwand gemessen daran klein. Ein Grund dafür ist sicherlich der hohe Reifegrad der CAx-gestützten Konstruktion und die hohe IT-Kompetenz von esmo. Das hier vorgestellte Beispiel darf anderen CAD-Anwendern Mut machen, denselben Weg zu gehen und zu prüfen, ob eine Schnittstelle zwischen ECAD und MCAD (via PDM) realisierbar ist.
Wenn ja, ist die Empfehlung zur Umsetzung eines entsprechenden Projektes die logische Konsequenz: Die mechatronische Stückliste als zentrale Datenplattform bringt die Konstruktion deutlich voran. Sie spart Zeit und erhöht die Qualität der geleisteten Konstruktionsarbeit.