Weil die Herausforderungen so groß sind wie die Anlagen selbst: SAP PLM
Wer sein neues PLM-System (Product Lifecycle Management) auf diese Art und Weise auswählt, will´s wirklich wissen: Gleich zwei Piloten schickte der Kölner Anlagenbauer KHD Humboldt Wedag ins Rennen, um zu prüfen, an welches PLM-System er sich langfristig bindet. Die parallelen Testläufe im Herbst 2017 zeichneten zügig ein klares Bild – das SAP PLM ist für die global tätige Gruppe genau das Richtige. Seit Mai 2019 integriert das Unternehmen die Engineering-Daten an mehr als 200 Autodesk Inventor- und AutoCAD Arbeitsplätzen mithilfe des SAP Engineering Control Centers (SAP ECTR) direkt in das unternehmensweit genutzte SAP ERP.
PLM im Anlagenbau
Der Stellenwert eines PLM-Systems im Anlagenbau erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Unternehmen wie KHD – seit beachtlichen 160 Jahren Anbieter von Technologie, Ausrüstung und Dienstleistungen für Zementanlagen – haben sich mit großer Diversität der Kundenlösung und erheblicher Funktionskomplexität auseinanderzusetzen. Jedes Mal aufs Neue, denn anders als in der Serienproduktion von Maschinen, Komponenten oder Teilen lässt sich eine Zementanlage nicht über einen automatisierbaren Herstellungsprozess bis ins Detail (re-)produzieren. Anlagenbau in der Praxis ist größtenteils immer noch ein Projektgeschäft mit „Engineering to Order“-Szenarien – bei globaler Geschäftstätigkeit mit unterschiedlichen Umgebungsbedingungen ohnehin.
Wo liegen dann überhaupt Effizienzpotenziale? Einerseits in der Trendumkehr, indem ein geringeres Maß an Individualisierung durch stärkere Nutzung von standardisierten Komponenten oder Anlagenkernen angestrebt wird. Dafür braucht es primär in der Konstruktion als Katalysator der Anlagenentstehung leistungsfähige CAD-/CAE-Systeme, wie sie KHD mit der Autodesk Product Design & Manufacturing Collection einsetzt. Im Idealfall außerdem ein PLM-System, das eine Anlagenstruktur als Digital Twin bereits abbildet, ehe auch nur eine Teilenummer angelegt wurde.
Andererseits muss sich der Blick auf effektive Kommunikation in abteilungsübergreifenden Prozessen richten, die sich am Anlagenlebenszyklus orientieren: Planung, Entwicklung/Konstruktion, Beschaffung, Fertigung, Dokumentation und Wartung. Ihr Schmier- und Treibstoff sind konsistente Daten aus dem PLM, das eben nicht nur Unternehmens-Know-how nachhaltig sichert und flexibel zur Verfügung stellt, sondern alle Projektbeteiligten, gleich wo und wann, koordiniert.
Vier zentrale Herausforderungen
Die Frage bei KHD mit seinem internationalen Business war demnach nicht, ob, sondern welches PLM-System das Mittel der Wahl ist. Durch die herstellerseitige Abkündigung des bisher genutzten Product Data Management (PDM)-Systems war die strategische Neuausrichtung des Kölner Unternehmens schlichte Notwendigkeit geworden.
„Im Prinzip gab es schon eine sehr gut in die Organisation integrierte und langjährig genutzte PDM-Lösung samt SAP Schnittstelle“, erläutert Cideon Consultant Heinz-Willi Luhnen rückblickend, „wir standen da in der Pflicht, keine ebenbürtige, sondern eine noch bessere PLM-Lösung zu entwerfen, mit der KHD seine Prozesse systematisch entwickeln und langfristig stabil halten kann.“ Vier konkrete Anforderungen stellte und stellt KHD an die neue PLM-Lösung.
- Sie muss als Standardsoftware weltweit einsetzbar sein, denn konstruiert wird unter Nutzung von Kollaborationsszenarien bei KHD mit seinen rund 650 Mitarbeitern rund um den Globus (Köln, Dessau, Neu-Delhi, Atlanta, Beijing).
- Sie muss sowohl in die logistische Prozesskette mit SAP integrierbar sein – seit 2011 bei KHD etabliert – als auch die über 200 CAD-Arbeitsplätze voll integriert einbinden.
- Das PLM-System muss dem Prozessszenario eines großen Anlagenbauers entsprechen. Dazu zählen auch Zukunftssicherheit und Offenheit in Bezug auf die angedachte Einführung von SAP S/4HANA.
- Implementierung und Systembetreuung liegen in den Händen eines Partners, der Expertise in beiden Welten vorhält: SAP und Autodesk.
Glücklich ohne Schnittstelle
Schon unter dem Aspekt globale Standardsoftware konnte Anbieter Cideon – Platinum Partner von SAP – mit dem SAP PLM in der ergebnisoffenen Evaluierungsphase bei KHD punkten. Ralf Kuchenwald, Global Head of IT bei KHD, erinnert sich: „Wir haben uns in anderen Systemen nicht wirklich wiedergefunden; zum einen waren sie zu komplex, zum anderen traten auch Schwächen bei der Sprachenvielfalt auf: Eine fremdsprachige Klassifizierungsverwaltung war nicht möglich, im SAP PLM dagegen schon.“
Da KHD eine Konsolidierung der globalen Unternehmens-IT anstrebt, ist eine mehrsprachige PLM-Lösung zwingend erforderlich. 100% Übereinstimmung registrierte KHD beim kritischen Faktor Integration – Ralf Kuchenwald: „Keine Schnittstelle ist besser als die beste Schnittstelle, deshalb haben wir uns für die Vollintegration von SAP PLM und unserem SAP ERP entschieden. So halten wir keine redundanten Daten vor, sondern greifen auf nur einen Datensatz von z. B. Dokument- oder Materialinformationen zurück. Da muss sich auch keiner Gedanken machen, welches System gerade führend ist, oder sich in zwei Oberflächen zurechtfinden.“
Intuitives ECTR Handling
Möglich macht das die Direktintegration über das SAP Engineering Control Center (SAP ECTR). Das ECTR ist die Standardlösung von SAP, um unterschiedliche MCAD- und ECAD-Autorenwerkzeuge anzukoppeln und alle Produktdaten über ihren gesamten Lebenszyklus unternehmensweit zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet auf der einen Seite durchgängige Stücklistensysteme und Überleitungen in Konstruktions-, Projekt-, Fertigungsoder Instandhaltungsstücklisten. Und andererseits die direkte Datenbereitstellung – ohne Schnittstellen – von Angebots- und Bestellwesen, Materialwirtschaft, Konstruktion, Technologie, Fertigung, Auslieferung und Service.
Klare Worte findet Senior Account Manager Gereon Kostrewa zur Praxistauglichkeit des SAP ECTR: „Berührungsängste mit SAP muss kein Anwender aus dem Engineering haben, denn das SAP ECTR als Datencockpit ist der Windows-Explorer-Oberfläche sehr ähnlich. Recherchen mit einer Google-ähnlichen Suche sowie das Erstellen von Ordnerstrukturen erleichtern das Handling zusätzlich. Klar ist, dass ein separates PDM-System überflüssig wird, weil das SAP PLM diese Funktionalitäten vollständig abbildet.“ Dazu zählt auch ein durchgängiges Änderungsmanagement, dessen Relevanz sich schon durch die zeit- und ortsübergreifende Konstruktion bei KHD erklärt. Ein Medienbruch ist angesichts der SAP Vollintegration natürlich auch dann nicht zu erwarten, wenn KHD auf SAP S/4HANA – perspektivisch für 2023/24 geplant – umstellt.
Volltreffer: agile Projektumsetzung
Sichtlich angetan ist IT-Leiter Ralf Kuchenwald heute noch von der agilen Projektumsetzung, die Cideon als Implementierungs- und Prozessberater ins Spiel brachte: „Vom Groben zum Feinen – das würden wir jederzeit wieder so machen. Auf Basis des jeweils aktuellen Prototypen bekamen die Key-User eine konkrete Vorstellung vom neuen System und wir konnten die weiteren Weichen richtig stellen.“ Auch wenn die Datenmigration ab Februar 2018 durchaus die eine oder andere Herausforderung bereithielt: Je älter die Daten, desto schwieriger gestaltete sich der Import. „Wir haben uns darauf verständigt, zunächst 500.000 Datensätze aus den letzten 3 Jahren ins SAP PLM zu importieren“, so Kuchenwald, „die Datensituation im Altsystem war über Jahre gewachsen und häufig nicht so sauber wie gedacht, vor allem, was die 3D-Daten angeht.“
Was keine manuelle Aufbereitung erforderte, durchlief den Cideon Import PDM für SAP. Das Tool führt den automatischen Import von Massendaten nach SAP durch. Sie können aus beliebigen Verzeichnisablagen und/oder Datenbanken stammen und sind in der Regel vielfältig miteinander verknüpft. Kuchenwald weiter: „Auch wenn nach wie vor an dem System gefeilt wird und die Datenübernahme noch nicht ganz abgeschlossen ist, lässt sich erkennen, dass wir mit dem neuen System auf dem richtigen Weg sind. Seitens der IT sind wir froh, dass sich mit dem ECTR die Datenqualität erhöht.“
Dafür sorgt nicht zuletzt eine ganze Reihe von Cideon Projekttools, die den laufenden Betrieb punktgenau unterstützen: Sei es die Cideon Conversion Engine, die Neutralformate von CAx- bis Office-Welt erzeugt, der Cideon Document Function Manager, der Folgeaktionen nach bestimmten SAP Events definiert, oder der Cideon Status Change Assistant für Regelkonformität bei der Ablage in SAP. KHD kann so – ausgehend von Baugruppen – komplette Strukturen freigeben. Ganz schön praktisch ist nicht zuletzt der Cideon Ahead/Location Manager, der bei KHD gängige Szenarien standortübergreifender Zusammenarbeit unterstützt wie die gruppenweite Aussendung freigegebener 3D-Voransichten.
Starke Argumente
Die KHD Standorte Köln, Dessau und Neu-Delhi mit sämtlichen CAD-Arbeitsplätzen sind inzwischen angeschlossen. Den Support leistet nach wie vor Cideon, und stellt als SAP und Autodesk Platinum Partner integrierte Expertise bereit: „Aus einem Hause Inventor Erfahrung und SAP Einführungskompetenz gestellt zu bekommen“, so Ralf Kuchenwald, „ist ein starkes Argument, gerade weil wir neben der ECTR Einführung und der reinen Datenmigration auch noch auf einen höheren Inventor Release umgestellt haben. Uns war von Anfang an bewusst, dass Cideon über ein erhebliches Prozessverständnis verfügt. Damit hebt sich dieser Anbieter von reiner Softwareberatung deutlich ab.“
Davon profitierte KHD schon im Vorfeld der Systemmigration. Bis zur „Wachablösung“ durch das SAP PLM betreute Cideon das alte PDM und überzeugte laut Kuchenwald eben auch in der Übergangsphase: „Sehr gute Fachkenntnis und ein gutes menschliches Miteinander, das sind die Schlüssel für ein erfolgreiches Projekt. Jetzt geht es gemeinsam weiter, in Kürze geplant ist der Go-live des Standortes Atlanta (USA) noch in 2019.“